Gruppenpädagogik
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Wie lautet die Definition der Gruppe?
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Was sind die Merkmale einer Gruppe?
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Welche Gruppenformen gibt es?
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Welche Funktionen hat eine Gruppe?
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Welche Gruppenphasen nach
Bernstein und Lowy gibt es?
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Welche Gruppenkonflikte gibt es?
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Was sind übliche Verhaltensweisen
zu den Gruppenkonflikten?
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Welche Gruppenrollen gibt es?
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Gruppenpädagogik. Eine Einführung
Definition Gruppe
Eine Gruppe ist ein Zusammenschluss von mehreren Menschen,
welche sich zusammengehörig fühlen oder welche ein gemeinsames Ziel verfolgen.
Man spricht in der Regel ab drei Personen von einer Gruppe.
Die 6 Merkmale einer Gruppe
1) Eine Gruppe charakterisiert sich unter anderem durch das "Wir-Bewusstsein". Aufgrund gemeinsamer Interessen und Ziele, herrscht ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Dieses "Wir-Bewusstsein" ist häufig exklusiv, also ausschließlich für die Mitglieder der Gruppe.
2) Ebenso weist eine Gruppe das Merkmal der Dauerhaftigkeit und Beständigkeit auf. Das bedeutet, dass die jeweilige Gruppe über einen bestimmten Zeitraum besteht. Der Zeitpunkt des Endes muss nicht vorher definiert werden. Eine Gruppe kann sich beispielsweise ändern, wenn das Ziel erreicht wurde oder sich die Interessen ändern.
3) In einer Gruppe herrschen eigene Interkations- und Kommunikationsregeln, meist im direkten face to face Kontakt.
4) Das oben genannte "Wir-Bewusstsein" fußt auf dem gemeinsamen Ziel der Gruppe. Ein gemeinsames übergeordnetes Ziel ist ebenso ein eigenständiges Merkmal einer Gruppe. Das Ziel gibt der Gruppe den eigentlichen Sinn und Zweck. Ein Ziel kann das Erreichen einer bestimmten Errungenschaft sein, die Herstellung eines Objekts, aber auch der einfache Austausch zwischen Menschen. Eine Selbsthilfegruppe wäre hierfür ein Beispiel. Diese dient größtenteils zum Erfahrungsaustausch und zur Entlastung. Es ist also nicht immer notwendig, dass eine Gruppe ein materielles Ziel verfolgt.
5) In einer Gruppe herrschen eigene Werte, Normen und Verhaltensregeln. Die gemeinsamen Interessen und Wertvorstellungen fördern den Zusammenhalt der Gruppe.
6) Ebenso gibt es sogenannte Gruppenrollen. Diese entwickeln sich meist, oder werden im Vorfeld definiert. Sie dienen der Organisation, der Effizienz und der Arbeitseinteilung in Hinblick auf das Ziel und die Interessen der Gruppe.
Funktionen einer Gruppe
Zu Beginn der Menschheit hatte die Gruppe einen ganz praktischen Grund: durch Zusammenschlüsse und Kooperationen in Gruppen wurden die Überlebenschancen erhöht. Durch die Evolution verinnerlichte sich das Bedürfnis nach Zugehörigkeit bei Menschen. In der heutigen Zeit können Gruppen dazu beitragen die Welt zu verstehen und zu kategorisieren. Die eigenen Erfahrungen können mit anderen ausgetauscht werden. Durch diesen Austausch kann die eigene Sichtweise, das eigene Verhalten eingeschätzt werden. Dies ermöglicht eine Reduktion von Unsicherheiten und fördert die Identitätsbildung der Einzelnen. In einer Gruppe, oder durch die Zustimmung einer Gruppe, kann also Sicherheit gewonnen werden. Dieser Aspekt stellt aber nur einen kleinen Teil des sogenannten Austauschprozesses einer Gruppe dar. Durch den Austauschprozess erlangen die Gruppenmitglieder Vorteile, die sie als Einzelperson nicht hätten.
Getauscht werden können beispielsweise materielle Güter (also Gegenstände) oder interpersonelle Hilfen (zum Beispiel Nachhilfe und Unterstützung in einer Lerngruppe oder Unterstützung durch einen Nachbarn) aber auch psychologische "Güter" (Freundschaft, Geborgenheit, Liebe). Je besser eine Gruppe organisiert ist, desto wertvoller ist der Nutzen für die einzelnen Gruppenmitglieder. In der Regel findet unbewusst eine Kosten/Nutzen Einschätzung bei den Gruppenmitgliedern statt.
Als Nutzen kann der Vorteil, welcher aus der Gruppe gezogen wird, angesehen werden, als Kosten können die Nachteile angesehen werden (z.B investierte Zeit, tatsächlich anfallende Kosten in Form von Geld, investierte Energie). Wenn der Nutzen aus der Gruppe die Kosten übersteigt, bleiben Gruppenmitglieder in der Regel in der Gruppe, kurz gesagt, wenn das Gruppenmitglied mehr Vor- als Nachteile hat. Ist es andersum, also die Kosten übersteigen den Nutzen, dann verlassen die Gruppenmitglieder in der Regel die Gruppe.
Die Formen einer Gruppe
Primärgruppen
In einer Primärgruppe herrscht die größte emotionale Bindung. Diese Gruppenform wächst meist langsam, aber beständig zusammen. Ein Beispiel ist die Familie.
Sekundärgruppen
Eine Sekundargruppe ist bewusst geplant und rational organisiert. Die emotionale Bindung hat einen niedrigeren bis gar keinen Stellenwert. In einer Sekundargruppe herrschen klare und strukturierte Regeln und es wird ein Zweck verfolgt. Ein Beispiel ist eine Arbeitsgruppe.
formelle Gruppen
Eine formelle Gruppe verfolgt ebenfalls einen Zweck oder ein Ziel. Die formelle Gruppe ist auf die Erreichung dieses Ziels genau abgestimmt und fokussiert. Dieses Ziel wird von außen vorgegeben. Formelle Gruppen können berfristet oder unbefristet sein. Beginn und Ende der Mitgliedschaft einer formellen Gruppen sind meist mit einem formalen Akt verknüpft. Beispiel für eine formelle Gruppe wäre eine Schulklasse. Der formale Akt wäre demnach die Einschulung bzw. die Zeugnisübergabe bei Abschluss.
informelle Gruppen
Eine informelle Gruppe entsteht meist spontan, ohne ein ganz spezielles Ziel. Informelle Gruppen entstehen häufig weil Personen gleiche Interessen haben. Eine Informelle Gruppe kann die Clique unter Jugendlichen oder der Stammtisch unter Erwachsenen sein.
homogene Gruppen
Eine homogene Gruppe charakterisiert sich dadurch, dass die Gruppenmitglieder alle sehr ähnlich oder gleich sind. Dies kann sich beispielsweise auf Alter, Geschlecht, Interessen und weiteres beziehen.
heterogene Gruppen
Bei einer hetereogenen Gruppe sind die Gruppenmitglieder unterschiedlich in ihren Eigenschaften.
Großgruppe
Ab einer Größe von ca. 15 Personen wird von einer Großgruppe gesprochen.
Kleingruppe
Bei einer Gruppengröße bis 14 Personen wird von einer Kleingruppe gesprochen.
Die Phasen einer Gruppe
1. Fremdheits- und Orientierungsphase
Diese Phase stellt die erste in einem Gruppenprozess dar. Die Gruppe ist entstanden und die Menschen kommen sozusagen an. Die Gefühle und Emotionen der Gruppenmitglieder können in der Phase sehr unterschiedlich sein. Von ängstlich und zurückhaltend bis hin zu euphorisch und neugierig. Insgesamt herrscht in der Gruppendynamik wenig Vertrauen untereinander. Es ist zwar in der Regel auch kein starkes Misstrauen vorhanden, aber in dieser Phase denken die Gruppenmitglieder häufig erst einmal hauptsächlich an sich. Es werden keine festen Bindungen eingegangen, da die Gruppeneigenen Regeln noch nicht definiert wurden. Die Gruppenmitglieder wissen also nicht, welches Verhalten wirklich angemessen ist. Es gibt noch keine geklärten Rollen oder Normen, daher herrscht tendenziell Zurückhaltung.
2. Positions- und Rollenklärungsphase. Auch Machtkampfphase oder ebenfalls Orientierungsphase genannt
In dieser Phase beginnen die Gruppenmitglieder um ihre Funktion und Rollen zu ringen. Diese Kämpfe werden auch als Rangkämpfe bezeichnet. Dabei ist den vielen Gruppenmitgliedern wichtig Einfluss zu nehmen und Macht zu erhalten. Macht wird in diese Sinne als Durchsetzungsmöglichkeiten der eigenen Interessen verstanden. So gibt es Rollen in der Gruppe welche mehr Macht und Einfluss auf die Gruppe haben als andere. Es kommt in der Gruppe zu Spannungen und Unruhen, es herrscht ein erhöhtes Aggressionspotenzial. Zwischen den Gruppenmitgliedern, aber auch gegenüber der Gruppenleitung, in unserem Fall also gegenüber der pädagogischen Fachkraft. Es kann dazu kommen, das Einzelne ausgeschlossen werden. Es gibt einzelne Gruppen, welche nie über diese Phase hinaus kommen. Es kann auch zu einem Rückschritt in diese Phase kommen, wenn es in Gruppen zu kritischen Entscheidungen kommt.
3. Vertrautheits- und Intimitätsphase
Ist die Phase der Rollenverteilung abgeschlossen, nehmen die Konflikte ab. Die Gruppenstruktur stabilisiert sich. Es entsteht ein Wir Gefühl. Die Mitglieder gehen direkt aufeinander zu und es wird versucht, positive Kontakte zu knüpfen. Die Gruppe grenzt sich zu anderen Gruppen ab und es werden eigene Erfahrungen im Gruppenkontext gesammelt. Es kann dazu kommen, dass eigene Symboliken erschaffen werden. Zum Beispiel ein Logo oder gemeinsame Kleidung.
4. Differenzierungsphase
Das Gruppengefühl und Wir Gefühl wächst weiter. Die Macht und Rangkämpfe verringern sich immer weiter und die Gruppe wird noch stabiler. Die Unterschiedlichkeit der Einzelnen wird akzeptiert und im Idealfall als Bereicherung angesehen. Die einzelnen Stärken können optimal genutzt werden. Die Atmosphäre in der Gruppe wird als harmonisch beschrieben. Konflikte und Entscheidungen können sachlich und konstruktiv gelöst.
5. Abschluss- und Trennungsphase
Wenn das Gruppenziel erreicht wurde und das Interesse am Zusammensein abgenommen hat, kommt es zu dieser letzten Phase. Ein Beispiel ist eine Schulklasse, welche ihren Abschluss macht. Das Ziel der Gruppe wurden mit Abschluss erreicht. Ein weiterer Grund können auch veränderte Interessen der einzelnen Gruppenmitglieder sein. Die Bereitschaft etwas zusammen zu unternehmen nimmt ab. Es besteht die Möglichkeit, dass es kurz vor Trennung zu einem klammern kommt, die Gruppe aufrecht erhalten bleibt, dann beginn der Gruppenprozess meist in der ersten Phase erneut.
Intragruppenrollenkonflikt und Intergruppenrollenkonflikt
Ein Konflikt entsteht, wenn unvereinbare oder in Widerspruch stehende Interessen und Auffassungen aufeinander prallen. Es kommt im Alltag immer wieder zu Konflikten, so auch in Gruppen. Häufig wird mit einem Konflikt etwas negatives oder unangenehmes verbunden. Ein Konflikt kann aber auch positive Seiten haben. So kann zum Beispiel die Perspektive und der Blickwinkel der Gruppenmitglieder erweitert werden. Ein konstruktiv gelöster Konflikt innerhalb einer Gruppe kann Spannungen lösen und sogar nachhaltig eine stabilisierende Wirkung aufweisen, dadurch kann der innere Zusammenhalt der Gruppe, die sogenannte Gruppenkohäsion gestärkt werden. Gruppenkonflikte lassen sich in zwei Kategorien aufteilen. Zum einen in die Intergruppenrollenkonflikte und zum anderen in die Intragruppenrollenkonflikte.
Ein Intragruppenrollenkonflikt besteht, wenn es zu einem Konflikt oder einer Auseinandersetzung innerhalb der Gruppe kommt.
Ein Intergruppenrollenkonflikt besteht, wenn es zu einem Konflikt oder einer Auseinandersetzung zwischen unterschiedlichen Gruppen kommt.
In diesem Text soll es um Konflikte innerhalb einer Gruppe gehen, also um Intragruppenrollenkonflikte. Diese können aus unterschiedlichen Gründen entstehen. Zum Beispiel aufgrund unterschiedlicher Interessen, Meinungen oder Bedürfnisse. Oder wenn Erwartungen - egal ob ausgesprochene oder unausgesprochene - nicht erfüllt werden. Ein weiterer Punkt mit starkem Konfliktpotenzial ist das Gefühl einzelner Gruppenmitglieder, dass sich die Machtverteilung innerhalb der Gruppe als ungleich darstellt. Eine ungleiche Verteilung von Ressourcen kann ebenfalls zu Konflikten führen.
Wenn es zu einem Konflikt innerhalb einer Gruppe kommt, dann gibt es unterschiedliche Möglichkeiten wie sich die Gruppenmitglieder verhalten und wie die Gruppe als Ganzes mit Konflikten umgehen kann. Im Folgenden werden 7 Verhaltensweisen dargestellt. Dabei findet eine grobe Reihenfolge statt. Wir fangen mit der destruktivsten Verhaltensweise einer Gruppe an, im Verlauf werden die Verhaltensweisen konstruktiver. Jedoch sollte vorab gesagt werden, dass die Ausprägung und Intensität der Verhaltensweisen ebenfalls relevant ist, genauso wie die Dauer des Konflikts. Es ist also auch möglich, dass sich eine Verhaltensweise in Realität als konstruktiver erweist als gleich dargestellt.
Verhaltensweisen bei Gruppenkonflikten
Vermeidung
Die Gruppe versucht, Konflikten aus dem Weg zu gehen. Meist aus der Motivation, Unannehmlichkeiten zu meiden und keinen schwerwiegenden Konflikt loszutreten. Falls einzelne Gruppenmitglieder Konflikte ansprechen, werden diese geleugnet, vertuscht, verdrängt oder verharmlost.
Eliminierung
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, einzelne Gruppenmitglieder zu eiminieren oder auszuschließen, wenn sie sich der Gruppe entgegensetzen oder Konflikte ansprechen wollen. Elimieren oder ausschließen bedeutet jedoch nicht zwingend, dass das Gruppenmitglied direkt aus der Gruppe fliegt. Das Gruppenmitglied kann weiterhin Teil der Gruppe sein, aber es erhälts beispielsweise weniger Aufmerksamkeit, Redemöglichkeiten oder Teilhabemöglichkeiten. Des weiteren können Beiträge des Gruppenmitglieds mit Spott, Schweigen oder Ignoranz begegnet werden. Es gibt auch Gruppenmitglieder, welche sich bei einem Konflikt direkt der Gruppe entziehen, sich also selbst ausschließen, dies verhindert eine echte Konfliktlösung.
Unterdrückung
Bei der Unterdrückung werden Konflikte dadurch gelöst, dass die Lösung abgestimmt wird. Dabei wird nicht die Konfliktlösung gesucht, welche für alle am geeignetsten und sinnvollsten ist. Es geht häufig darum, dass andere Gruppenmitglieder unterdrückt werden oder unter Druck gesetzt werden. Beispielsweise dadurch, dass die stärkste Untergruppe oder Einzelperson mit hohem Rang innerhalb der Gruppe andere Gruppenmitglieder auf die eigene Seite zieht und so manipuliert. So können z.B einzelne Gruppenmitglieder welchen es generell schwer fällt Spannungen auszuhalten ideal manipuliert werden und für eigene Interessen ausgenutzt werden. Dieses Verhalten innerhalb einer Gruppe führt früher oder später zu weiteren Konflikten, Spannungen, Feindseligkeiten und zum Teil zum Zerfall der Gruppe.
Zustimmung
Bei dieser Verhaltensweise der Gruppe, herrscht die Mehrheit das Gruppengeschehen. Das hat zur Folge, dass einzelne Gruppenmitglieder gar nicht wirklich gehört oder beachtet werden. Dies betrifft vor allem die Gruppenmitglieder mit wenig Anerkennung. Es kommt jedoch in diesem Fall nicht zu einem Gegenwehr, der von der Maße der Gruppe ausgewählten Konfliktlösung wird also zugestimmt, es kommt zu keinen Gefühl der Unterdrückung oder Unterlegenheit.
Allianz
Bei dieser Verhaltensweise innerhalb der Gruppe, wird der eigentliche Konflikt zur Seite geschoben, also nicht gelöst. Das geschieht dadurch, dass die sich gegenüberstehenden Parteien ein Zweckbündnis schließen. Das bedeutet, dass sie sich auf das Ziel fokussieren, welches sie gemeinsam erreichen wollen. Der Konflikt zurückgestellt. Ist das Ziel erreicht, kann der Konflikt wieder aufflammen, ist dann kein weiteres gemeinsames Ziel in Aussicht, muss eine andere Möglichkeit gefunden werden ihn zu lösen.
Kompromiss
Wenn es zu nicht vereinbaren unterschiedlichen Vorstellungen kommt ist eine mögliche Verhaltensweise zur Konfliktlösung der Kompromiss. Ein Kompromiss ist eine Übereinkunft, eine Einigung durch gegenseitige Zugeständnisse. Dadurch werden Vereinbarungen getroffen mit der im Idealfall jeder leben kann. Ein Kompromiss sollte jedoch gut durchdacht und nicht voreilig geschlossen werden. Ansonsten entstehen sogenannte "faule Kompromisse", dann kann es dazu kommen, dass der Kompromiss die Gruppenmitglieder nicht befriedigt, so ist es möglich, dass ein weiterer Konflikt entsteht.
Integration
Die Integration als Verhaltensweise zur Lösung von Konflikten wird nur selten praktiziert. Bei der Integration kommt es dazu, dass Probleme und Konflikte offen angesprochen und thematisiert werden. Dafür ist jederzeit Platz und die Gruppenmitglieder wissen, dass dies nicht der Gruppenkohäsion, also dem Gruppenzusammenhalt schadet. Im Gegenteil sogar, unterschiedliche Auffassungen und Meinungen werden als Bereicherung und Chance gesehen. Es besteht die Chance, so voneinander zu lernen und vor allem auch durch einen Konflikt, Perspektiven können geschaffen. Jedes Gruppenmitglied ist bei der Lösung des Konflikts beteiligt und im idealfall wird eine Lösung erarbeitet, welche möglichst alle Gruppenmitglieder zufriedenstellt. Konflikte und widersprüchliche Auffassungen werden als normalität angesehen, ihnen wird nicht negativ entgegengeblickt.
Gruppenrollen
Grob lassen sich 7 Rollen innerhalb einer Gruppe beschreiben. Nicht jede dieser Rollen findet sich zwingend in jeder Gruppe. Einige Rollen tauchen häufiger auf als andere. Es gibt leider kein einheitliches Konzept über Rollen in der Gruppe, teilweise finde ich die Begrifflichkeiten von einigen Gruppenrollenkonzepten sogar ziemlich kritisch und negativ besetzt. Es gibt etliche Ideen und Konzepte zu den unterschiedlichsten Gruppendynamiken und Kontexten. In diesem Video werden 7 Gruppenrollen dargestellt. Zu weiteren Gruppenrollen werden ebenfalls noch Videos auf diesem Kanal erscheinen. Vorab aber wichtig zu wissen ist, dass sich Gruppenrollen in der Regel von selbst finden und definieren, dafür muss vor allem Kindern und Jugendlichen Zeit und Freiraum gelassen werden. Zum Teil testen Kinder und Jugendliche sich in ihren Gruppenrollen aus und wählen bewusst Rollen, die sich von ihrer Rolle zuhause, in einem Verein oder in anderen Gruppen absondern.
Clown
Den Begriff kenn so ziemlich jeder aus seiner Schulzeit. In den meisten Schuklassen gab es den einen Klassenclown. Diese Gruppenrolle findet sich meist in jeder Gruppe. Ein Clown versucht sich durch Späße und Lacher beliebt zu machen. So die Stimmung aufzulockern und positive Stimmung durch Unterhaltung zu verbreiten. Nimmt dies Ausmaß, kann der Clown der Gruppendynamik und dem Ziel der Gruppe schaden, beziehungsweise das Erreichen des Ziels verlangsamen. Oft steckt bei der Rolle des Clown eine Angst dahinter. Eine Angst ohne die Aufmerksamkeit der Gruppe zum Außenseiter zu werden. Der Clown nimmt somit in Kauf, sich selbst vor der Gruppe lächerlich zu machen und seine Ernsthaftigkeit zu verlieren.
Außenseiter
Ein Außenseiter steht am Rande der Gruppe, ist Teil der Gruppe, aber am eigentlichen Gruppenprozess gar nicht mehr wirklich beteiligt. Ein Gruppenmitglieder kann zu einem Außenseiter werden, wenn es einfach nur still ist oder sich in seiner Individualität negativ stark von den anderen Gruppenmitgliedern abgrenzt. Auch äußere Faktoren können eine Person zum Außenseiter einer Gruppe machen, zum Beispiel durch Probleme zuhause oder durch andere Belastungen. In der Regel fühlen sich Außenseiter in ihrer Rolle unwohl, haben aber noch größere Angst davor, ins Rampenlicht der Gruppe gezogen zu werden und sich unter Umständen vor dieser zu blamieren. Die Rolle des Außenseiters lässt sich in drei Unterkategorien aufteilen:
Den unreifen Außenseiter, welcher aufgrund einer Entwicklungsverzögerung in diese Rolle gekommen ist. Es ist auch möglich, dass der unreife Außenseiter beispielsweise im Bereich der Kommunikation oder des Sozialverhaltens Defizite aufweist, aufgrund welche er ausgegrenzt wird. Häufig hat eine Person in dieser Rolle auch in anderen Kontexten Probleme sich zu integrieren, es besteht also auch die Möglichkeit, dass sich der unreife Außenseiter in dieser Gruppendynamik lediglich von selbst zurückzieht.
Dann gibt es noch den reifen Außenseiter. Dieser fühlt sich häufig am Rande der Gruppe wohl. Zumindest wohler als im Zentrum der Gruppe. Eine Person kann auch zum reifen Außenseiter werden, wenn sie auf Lösungsversuche von Konflikten oder Problemen verzichtet, einfach weil sich der Aufwand nicht lohnt. Der reife Außenseiter nimmt es dann in Kauf möglicherweise als "Schwächling" zu gelten, auch wenn er eigentlich im Recht sein könnte.
Und dann gibt es noch den unfair ausgegrenzten Außenseiter. Dieser wurde aus unfairen und nichtigen Gründen an den Rand der Gruppe gedrängt. Das nennt man auch Mobbing. Er könnte zum Beispiel aufgrund seiner Körpergröße, seiner Körperhaltung, seiner Haarfarbe, seiner Art zu sprechen, seiner Kleidung, seiner Hobbys oder sonstigen Oberflächlichkeiten ausgrenzt werden. Der unfair ausgrenzte Außenseiter leidet in der Regel wirklich stark aufgrund der ihm zugeschriebene Rolle. Diese Erfahrung kann weitreichende Folgen für die Person haben. Wenn ein meiden der Gruppe nicht möglich ist und sich diese häufig trifft, dann kann diese Erfahrung zu schweren psychischen Problem führen.
Meinungsmacher (oder auch Chef)
Der Meinungsmacher versucht mit seiner Meinung und seinen Aussagen dafür zu sorgen, dass andere Gruppenmitglieder ihn als kompetent wahrnehmen und ihm so folgen und ihm Anerkennung und Bestätigung entgegen bringen. Häufig ist die Hoffnung des Meinungsmachers, dass seine Interessen umgesetzt werden und er bestimmt, was in der Gruppe passiert. Der Meinungsmacher lebt von seinen Gefolgsleuten. Teilweise kann sich die Rolle des Meinungsmachers so bei einer Person verfestigt haben, dass diese Person ohne Bestätigung und Anerkennung durch andere Gruppenmitglieder nicht mehr sein kann.
Mitläufer
Die Mitläufer folgen den Meinungen und Aussagen des Meinungsmachers und schließen sich auch dessen Urteilen an. Häufig auch ohne diese groß zu hinterfragen. Mitläufer charakterisieren sich durch eine eher ängstliche Persönlichkeitsstruktur, sie suchen nach Sicherheit und Vorhersehbarkeit. Für den Mitläufer wirkt es so, als wenn der Meinungsmacher dieses Bedürfnis stillen kann, da er verstanden hat, wie etwas funktioniert.
Vermittler
Wie der Name dieser Rolle schon vermuten lässt, versucht der Vermittler zwischen einzelnen Gruppenmitgliedern und einzelnen Rollen zu vermitteln. Zum Beispiel zwischen der Rolle des Außenseiters und der Rolle des Meinungsmachers. Die vermittelnde Gruppenrolle versucht diplomatisch und konstruktiv Meinungsverschiedenheiten zu klären und zu einem optimalen Ergebnis zu kommen. Dem Vermittler fällt es häufig schwer, Spannungen in der Gruppendynamik auszuhalten.
Organisator
Die Organisatoren greifen in den Gruppenprozess ein, wenn es um die Umsetzung organisatorischer oder struktureller Dinge geht. Beispielsweise bei der Planung des nächsten Gruppentreffens oder dessen Terminfindung. Wenn es darum geht Pläne aufzustellen oder Abläufe zu koordinieren fühlen sich die Organisatoren angesprochen und übernehmen den aktiven Part. Ansonsten halten sie sich tendenziell eher im Hintergrund auf.
Leitperson
Die Leitperson einer Gruppe hat sich im Gegensatz zu dem Meinungsmacher nicht selbst durch polarisierende und wertende Meinungen und Aussagen zu einem akzeptierten Gruppenmitglied gemacht. Sondern die Leitfigur ist durch kompetentes und zielführendes Handel der Gruppe gegenüber in diese Rolle geschlüpft. Dies kann auch gänzlich unfreiwillig geschehen, einigen Leitfiguren ist diese Gruppenrolle sogar unangenehm. Eine Leitfigur bringt sich dann ein, wenn ihre wahren Stärken und Kompetenzen gefragt werden und diese der Gruppe zielführend helfen
...Und zum Schluss noch ein paar letzte Infos 😊
Bei den einzelnen Rollen ist es für die pädagogische Fachkraft total wichtig, zwischen der jeweiligen Rolle und dem Charakter des Kindes zu unterscheiden. Es ist möglich, dass sich Gruppenrollen von selbst herauskristallisieren und entwickeln. So kann sich zum Beispiel ein Gruppenmitglieder durch seine Kompetenzen und Fähigkeiten zur Leitfigur entwickeln, ohne dass dies geplant war. Haben sich Gruppenrollen erst einmal entwickelt, dann ist es total schwer, diese wieder zu brechen. Aus einem Außenseiter wird nur schwer eine akzeptiere Leitfigur, auch wenn diese Person ganz objektiv eine super Leitfigur wäre. Gruppenrollen können aber auch vorab festgelegt werden, zumindest einige. Die Rolle des Außenseiters sollte natürlich nicht vorab ausgewählt werden. Eine anführende Person in Form einer Leitfigur sollte dabei gut ausgewählt werden, also so, dass auch der Charakter des Kindes dazu passt. Ein zu schüchterendes Kind, welche diese Rolle nicht möchte, aber ansonsten der Gruppe dienliche Kompetenzen aufweist sollte nicht dazu gezwungen werden die Rolle der Leitfigur anzunehmen. Aber es sollte auch nicht direkt das extrovertierteste Kind ausgewählt werden. Im Idealfall wird eine Person mit der notwendigen Fach- und Sozialkompetenz ausgewählt. Bei Kindern ist das Auferlegen einer unpassenden Gruppenrolle überfordernd und schädlich. Das ausprobieren verschiedener Rollen innerhalb einer Gruppe ist für die Persönlichkeitsentwicklung unheimlich wichtig, vor allem für Kinder und Jugendliche!